Besteht für ein Werk urheberrechtlicher Schutz im Sinne des deutschen Urheberrechtsgesetzes, so stellt eine Verwendung dieses Werkes ohne Einwilligung nicht zwangsläufig eine Rechtswidrigkeit dar, auch wenn ein geschütztes Recht verletzt wird. Das ist dann der Fall, wenn eine Urheberrechtsschranke vorliegt. Urheberrechtsschranken beschränken die Wirkkraft des Urheberrechts in Fällen, wo es zu schwierig wäre, das Urheberrecht einzuhalten und wo ein öffentliches Interesse überwiegt.
Die Urheberrechtsschranken werden im Abs. 6 des UrhG beschrieben. Die folgende Auflistung von Schranken ist nicht abschließend, sondern stellt eine redaktionell Auswahl der wichtigsten Fälle dar.
Urheberrechtsschranken machen Ausnahmen vom Urheberrecht. Manche dieser Ausnahmen erlauben sogar eine vergütungsfreie Verwendung eines Werkes. Die Sonderfälle werden im Gesetz konkret beschrieben. Gibt es eine Urheberrechtsschranke, liegt zwar eine Verletzungshandlung vor, diese ist aber nicht rechtswidrig.
Schranke | Art | Grundlage |
---|---|---|
Ephemere Vervielfältigung | vergütungsfrei | § 44a UrhG |
Öffentliche Rede | vergütungsfrei | § 48 UrhG |
Zeitungsartikel und Rundfunkkommentare | gegen Vergütung | § 49 UrhG |
Berichterstattung über tagesaktuelle Ereignisse | vergütungsfrei | § 50 UrhG |
Zitate | vergütungsfrei | § 51 UrhG |
Öffentliche Wiedergabe | gegen Vergütung | § 52 UrhG |
Privatkopien | vergütungsfrei | § 53 UrhG |
Unwesentliches Beiwerk | vergütungsfrei | § 57 UrhG |
Panoramafreiheit | vergütungsfrei | § 59 UrhG |
Bildungs- und Wissenschaftsschranke | vergütungsfrei | §§ 60a bis 60h UrhG |
Ephemere Vervielfältigung bezeichnet das Herstellen flüchtiger Kopien im Rahmen technischer Verfahren wie dem Internetstreaming. Die Technik wäre ohne das Ablegen temporärer Dateien nicht möglich, daher ist diese Form der Kopie gestattet – vorausgesetzt, der Stream selbst ist legal. Es muss keine Vergütung des Urhebers erfolgen. Mehr zur ephemeren Vervielfältigung findest du in diesem Artikel. (§44a UrhG)
Reden, über Tagesfragen dürfen in Druckschriften und anderen Medien, also zum Beispiel in Zeitungen, vervielfältigt und verbreitet werden, wenn sie sich mit dem aktuellen Tagesgeschehen auseinandersetzen und öffentlich gehalten wurden. Dabei ist es aber nicht gestattet, eine Sammlung der Reden einer Rednerin anzulegen. Nicht zulässig ist damit die Vervielfältigung und Verbreitung von Reden, die in einem nicht öffentlichen Rahmen gehalten wurden oder keine Tagesfragen behandeln, zum Beispiel Vorlesungen in der Hochschule oder Predigten. (§ 48 UrhG)
Eine weitere Schranke gestattet die Verwendung von Zeitungsartikeln und Rundfunkkommentaren. Dabei findet keine Entbindung von der Vergütungspflicht statt. Diese Schranke findet vor allem Anwendung bei Pressespiegeln. Dabei ist zu beachten, dass nur Artikel aus der tagesaktuellen Presse verwendet werden dürfen, die keinen Rechtevorbehalt haben. Auch dürfen sie nur für den internen Gebrauch verwendet und nicht archiviert werden. (§ 49 UrhG)
Greift die Schranke zu Zeitungsartikeln und Rundfunkkommentaren in die Urheberrechte der Medienschaffenden ein, gibt ihnen die Schranke zu Berichterstattung über tagesaktuelle Ereignisse wichtige Freiheiten. Werke, die im Verlauf tagesaktueller Ereignisse wahrnehmbar wurden, dürfen von Medien, die über das Tagesgeschehen berichten, verwendet werden, solange es sich „in einem durch den Zweck gebotenen Umfang“ hält. (§ 50 UrhG). Diese Schranke ist eine Schranke zur freien Nutzung, es fällt keine Vergütungspflicht an.
Ebenfalls erlaubt ist das Zitieren aus einem Werk, sofern es in einem eigenen Werk geschieht. Dabei dürfen nicht eigene Inhalte durch Zitate ersetzt werden, sondern die Zitate sollten dazu dienen, die eigene Argumentation zu stützen, beispielsweise im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit. Die Nutzung muss dabei „in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt“ sein. Es handelt sich um eine Schranke zur freien Vergütung. (§ 51 UrhG)
Unter bestimmten Umständen kann es gestattet sein, ein veröffentlichtes Werk öffentlich wiederzugeben. Das ist dann der Fall, wenn der Veranstalter keine Gewinnabsicht hat und keiner der ausübenden Künstler eine Vergütung erhält. Der Urheber des Werkes ist dabei aber zu vergüten. Diese Pflicht zur Vergütung entfällt in bestimmten Fällen, zum Beispiel bei sozialen Einrichtungen wie der Altenpflege. (§ 52 UrhG)
Auch erlaubt sind Privatkopien eines urheberrechtlich geschützten Werkes. Die Kopie darf dabei ausschließlich für den eigenen Gebrauch angefertigt werden und nicht verbreitet oder aufgeführt werden. (§ 53 UrhG)
Ist ein Werk nur ein unwesentlicher Bestandteil einer Wiedergabe, Vervielfältigung oder Verbreitung, ist die „Nutzung“ entgeltfrei möglich. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Werk auf einem Lichtbild zu sehen ist, aber nicht eigentlicher Gegenstand des Lichtbilds ist, etwa das Logo einer Reisegesellschaft im Hintergrund eines Urlaubsfotos, welches die abgebildeten Personen zum eigentlichen Gegenstand hat. (§ 57 UrhG)
Vergütungsfrei können Werke vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden. Man spricht von Panoramafreiheit, das Recht, Fotografien vom öffentlichen Raum anfertigen zu dürfen, ohne Lizenzverträge mit Urheberinnen abschließen zu müssen. Dabei ist zu beachten, dass diese Schranke nur für die Außenansicht gilt, die auch von öffentlichen Orten aus zu sehen ist. Fotos aus anderen Perspektiven, zum Beispiel Dächern, sind unter Umständen nicht mehr von der Panoramafreiheit abgedeckt. Wichtig ist auch das Kriterium des „bleibenden“ Werkes. Die zweiwöchige Verhüllung des Reichstages wurden durch den Bundesgerichtshofs als nicht bleibend bezeichnet, die Panoramafreiheit galt nicht. Andersherum wurde im Fall des Kussmunds auf einem Aida-Schiffs – ebenfalls durch den Bundesgerichtshof – entschieden, dass der Mund auf dem Schiff im Hafen unter die Panoramafreiheit falle. (§ 59 UrhG)
Ab dem 1. März 2018 gilt eine im Jahre 2017 vom Deutschen Bundestag verabschiedete weitere Schranke für den Bildungs- und Wissenschaftssektor. Somit dürfen zu nicht kommerziellem Zweck im Rahmen von Lehre und Forschung „bis zu 15 Prozent“ eines veröffentlichten Werkes genutzt werden. Ausgenommen werden Zeitungen und Zeitschriften sein. Für die eigene wissenschaftliche Forschung werden bis zu 75 Prozent genutzt werden dürfen. (§§ 60a bis 60h UrhG)
Das Gesetz zur Änderung des Urhebergesetzes zugunsten der Bildungs- und Wissenschaftsschranke kannst du hier nachlesen.