Winfried Schulz beschreibt zwei gegensätzlich Vorstellungen des Verhältnisses von Medien und Realität. Diese Gegenüberstellung ist nicht als Realismus gegen Konstruktivismus zu verstehen. Benannt wurden die Vorstellungen nach Ptolemäus und Kopernikus, die Namensgebung dient nur der Verdeutlichung. Kopernikus als Vertreter des heliozentrischen Weltbilds sah die Sonne als das Zentrum, um das sich andere Planeten einschließlich der Erde, drehen. Ptolemäus dagegen gilt als Vertreter des geozentrischen Weltbilds, das annimmt, dass die Erde und der Mensch im Universum eine zentrale Position einnehmen und andere Planeten um die Erde kreisen. Im übertragenen sind steht also die ptolemäische Sicht für den Menschen als zentrale Position und die Massenmedien als externes Objekt, was nicht dazugehört, die kopernikanische Sicht für ein Zusammenspiel von Medien und Menschen in einem System.
Der ptolemäische Standpunkt vertritt die Ansicht, dass Medien einen großen Einfluss auf das Individuum haben. Diese Sichtweise beruht auf zwei Prämissen: Zum einen gebe es einen grundsätzliche Gegensatz zwischen Massenmedien und Gesellschaft. Medien werden als Fremdkörper verstanden, die das Potential haben, zu manipulieren, zu kontrollieren und zu infiltrieren und so der Gesellschaft zu schaden. Zum anderen sei es die Aufgabe der Medien, die Wirklichkeit wiederzugeben. Die Medien hätten also als Spiegel der Gesellschaft und Abbild der Wirklichkeit zu dienen. Diese Vorstellung ist in der Realität nicht erfüllbar. Vertreter*innen der ptolemäischen Sicht neigen also zu starker Kritik an der Arbeit der Medien. Neben der Tatsache, dass Medien kein objektiver Spiegel der Gesellschaft sein können, ist ein häufiger Vorwurf, Medien neigen zu Negativismus, Sensationen und wären politischen Organisationen hörig. Die ptolemäische Kritik zielt in der Folge auf eine stärkere Kontrolle der Medien bis hin zur Zensur.
Vertreter*innen des kopernikanischen Standpunkts sehen keinen Gegensatz zwischen Medien und Gesellschaft, die Medien nicht als Fremdkörper, sondern sehen Medien als integralen Bestandteil der Gesellschaft, der am gesellschaftlichen Geschehen teilnimmt und es mitprägt. Medien nehmen am kollektiven Versuch der Konstruktion einer Wirklichkeit teil und machen diese durch Veröffentlichung zugänglich. Selektion und Bewertung werden als erwünscht angesehen. Es ist die Aufgabe der Medien, Stimuli der sozialen Umwelt zu selektieren, zu bearbeiten und zu interpretieren. Die Realität ist ein Ergebnis von Kommunikation. Nach der kopernikanischen Sicht speist sich die Medienwirklichkeit aus zwei Quellen: Erfahrungen aus der Umwelt und im Mediensystem angelegte Verarbeitungsregeln.